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News  1.Januar 2019

Herdhelden 2018

Kein Jahreswechsel ohne Resümee: Wir wagen wie jedes Jahr einen Rückblick auf die vielen kulinarischen Erlebnisse im In- und Ausland und stellen Euch nachfolgend unsere Helden in vierzehn Kategorien vor. Viel Spaß dabei!

Fotocredit: (CC) Julian Fong

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Entdeckung des Jahres

Schwarzer Adler, Kraftshof

Ja, wir wussten natürlich, dass der einstige Amador-Schüler René Stein (2.v.r.) bestimmt gut kochen kann. Aber für eine ganze Weile war er durch sein USA-Exil von unserem Radar verschwunden. Ohne echte Vorahnung besuchten wir ihn im Frühjahr 2018 an seiner neuen Wirkungsstätte bei Nürnberg – und wurden förmlich umgehauen von seiner eleganten Küche, die bei aller Zeitgemäßheit gänzlich ohne die üblichen Klischees einer vermeintlichen Modernität auskommt, speziell auch beim Anrichten. Auf angenehm unprätentiöse, dafür enorm wohlschmeckende Weise interpretiert Stein nicht zuletzt Klassiker der deutsch-österreichischen Küche, vom Zander mit Linsen bis zum Kaiserschmarrn. Selbst Jakobsmuscheln bindet er mit Gurke und Molke so schlüssig ein, als gehörten sie im Frankenland zum Standardrepertoire. Und das alles im schönen Ambiente eines eleganten, historischen Wirtshauses. Mit nur 15 Punkten hat der Gault Millau hier definitiv den Schuss nicht gehört. Im Adler ist ein großer Könner am Werk, und solche Entdeckungen würden wir gerne viel öfter machen.

Den Bericht zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Sommelière des Jahres

Gina Duesmann (Keilings**, Bad Bentheim)

Das Keilings in Bad Bentheim ist für uns ein durch und durch sympathisches Restaurant – eines der wenigen hoch dekorierten Häuser auch, die komplett unabhängig sind und bei denen das dauerhaft funktioniert. Kleine Brigade, gute Küche, familiäres Ambiente. Von solchen Häusern dürfte es gerne mehr geben. Eine besondere Erwähnung verdient hier der charmante Service unter Gina Duesmann (rechts). Die Gastgeberin und Freundin von Lars Keiling punktete nicht nur mit ihrem Weinwissen, einer der besten Weinbegleitungen des Jahres und einer großen Portion Herzlichkeit, sondern auch mit selten erlebter Schlagfertigkeit.

Den Bericht zu unserem Besuch findet ihr hier.

Desserteur des Jahres

Stefan Leitner (Bareiss***, Baiersbronn)

Stefan Leitner (rechts) stellt in gewisser Weise einen Bruch in der Linie unserer liebsten Pâtissiers dar: In den vergangenen Jahren waren das verhaltene Modernisten wie Andy Vorbusch, von dem man allerdings nichts mehr hört, und radikale Avantgardisten wie Christian Hümbs. Umso mehr sagt es über die Kunst des Traditionalisten Stefan Leitner aus, der seine Desserts absolut klassisch komponiert, dabei aber vor Ideen übersprudelt – unter drei Tellern und Schüsselchen kommt bei ihm keine Nachspeise auf den Tisch. Und die Masse hat Klasse! Uns begeisterte er unter anderem schon mit einem Schokoladen-Himbeer-Törtchen, das in Sachen Leichtigkeit und Köstlichkeit seinesgleichen sucht, dazu Nussbuttereis mit Karamellcrème und Himbeersauce, gefolgt von gratinierten Himbeercrêpes. Oder aber, zuletzt, ganz einfach mit dem weltbesten Topfensoufflé. Solche Pâtisseriekünste vermutet man in Paris – und findet sie in Baiersbronn.

Den Bericht zu unserem Besuch findet ihr hier.

Service des Jahres

Tulus Lotrek*, Berlin

Von Anfang an merkt man dem Service unter Maître Ilona Scholl (links) an, dass hier alles andere als Mainstream vorherrscht. Sei es die Sprachverliebtheit in der Korrespondenz oder die Begrüßung im Restaurant selber. Hinzu kommt, dass wir uns selten zwischen den Gängen derart kurzweilig unterhalten gefühlt haben. Hier trifft herzliche Gastfreundschaft auf eine Portion Wahnsinn und Jumpsuits der Service-Ladies, die dasselbe Muster wie die Wandtapete haben. Hört sich schräg an? Ist es. "Trekkies in freier Wildbahn" sind eben unberechenbar.

Den Artikel zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Casual Fine Dining des Jahres

Zarzo*, Eindhoven

Die größte Überraschung des Jahres 2018 war ein Restaurant, das wir erst in allerletzter Minute reservierten: das Zarzo in Eindhoven. Wir hatten an diesem Mittag noch nichts vor und großen Appetit – und landeten durch einen Tipp von Jonnie Boer in einem Restaurant, welches die Bezeichnung Casual Fine Dining mehr als nur mustergültig erfüllt. Cooles, aber nicht kühles Ambiente; lässiger, aber trotzdem stilbewusster Service – und eine Küche, die mit Topprodukten wuchert, diese aber in beinahe beiläufiger Weise inszeniert. Es gibt Kaisergranat, Kabeljauleber und Kaviar – aber nicht als Luxusprunk, sondern im Rahmen schlüssiger, fast bescheiden wirkender Kompositionen. Dazu eine fair kalkulierte Weinkarte, die manchen Dreisterner blass aussehen lässt. Auch sonst kommt bei den Preisen Freude auf: Sechs Gänge kosten 85 Euro, und bis heute fragen wir uns, warum so ein Konzept in Deutschland niemand hinbekommt. Gäbe es ein Zarzo in unserer Stadt, wären wir jede Woche da.

Den Bericht zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Internationales Erlebnis des Jahres

Amber**, Hong Kong

Richard Ekkebus pusht sein zweifach besterntes Amber in Hongkong seit Jahren unermüdlich vorwärts. Der immense Sprung, den das Restaurant seit unserem letzten Besuch vor etwas mehr als drei Jahren gemacht hat, ist angesichts des immer prall gefüllten Reservierungsbuchs nicht hoch genug einzuschätzen. Der sympathische Holländer verbindet auf höchst elegante Art seine französisch geprägte Ausbildung mit den besten Produkten aus aller Welt zu einer zeitlos-modernen Küche höchster Güte, die nach allerhöchsten Weihen strebt. Und diese nun mit aller Macht anzustreben versucht. Denn damit es auch endlich mal mit den drei Sternen klappt, wird das Restaurant gerade einer Frischzellenkur unterzogen, um danach zum finalen Angriff zu blasen.

Das Album zum Besuch findet Ihr hier

Gasthaus des Jahres

Rosi, Zürich

Nach fünf Jahren in Heston Blumenthals The Fat Duck und diversen erfolgreichen Pop-ups hat sich der gebürtige Allgäuer Markus Stöckle in Zürich seinen lange gehegten Traum eines eigenen Wirtshauses erfüllt. Das Rosi hat mit seinem urban-bayrischen Charme und der superben Küche - die alle Gelüste von Schnitzel über Rupfhauben, Kässpätzle und Wurstsalat befriedigt und mit toller Weinkarte und viel Bier aufwartet - zu Recht eingeschlagen wie eine Bombe. Vom freundlichen Nachbarschaftsalkoholiker bis zum weitgereisten Gourmet ist für jeden was dabei. Immer in kompromissloser Qualität.

Details folgen...

Fastfood des Jahres

Liao Fan Hong Kong Soya Sauce Chicken Rice & Noodle*, Singapore

Der wohl preiswerteste Stern der Welt: Für jeweils knapp 1,50 Euro bietet Liao Fan Hong Kong Soya Sauce Chicken Rice & Noodle (heute auch "Hawker Chan" genannt) in Singapur sterneprämiertes, zart-süßliches Chicken & Rice sowie schmelziges Char Siu (BBQ-Schwein). Der kleine Verschlag versteckt sich im Hawker Center zwischen 220 anderen Fress-Ständen, und allein für diese urtypischen Gerichte lohnt der Besuch! Und wer früh kommt, der spart sich auch das in Singapur übliche Schlange stehen.

Die Bilder des Besuchs findet Ihr hier.

Menü des Jahres 1

Waldhotel Sonnora***, Dreis

Wenn die Erinnerung an Helmut Thieltges so schnell nicht verblasst, ist das sicherlich auch seinem Nachfolger Clemens Rambichler zu verdanken, der die Küchenlinie seines Meisters konsequent weiterführt – inzwischen aber auch dezent eigene Akzente setzt. Wir labten uns an Consommé double vom Ochsenschwanz mit pochierter Gänseleber und Trüffel, an gedämpfter Jakobsmuschel mit Safran-Fenchel-Ragout, an Steinbutt auf Petersilienjus mit Périgord-Trüffel und (als genialem Clou) mariniertem Kopfsalat, an Limousin-Lamm mit Aubergine und Pimento-Hollandaise – und natürlich am Gateau von Rindertatar auf Rösti mit Kaviar. Das Sonnora war immer ein Schlaraffenland, und Clemens Rambichler stellte mit diesem königlichen Menü unter Beweis, dass das auch so bleibt. Wir ziehen den Hut.

Den Bericht zu unserem Besuch findet ihr hier.

Menü des Jahres 2

Haerlin**, Hamburg

Was für ein starkes Menü! Angefangen beim ersten Snack bis zu den Petits Fours war nahezu alles schlüssig durchkomponiert. Nichts lenkte vom Genuss ab oder störte auf den Tellern. Neben Kassenschlagern wie der bunten Krabbentarte und dem Kabeljau überzeugten selbst vermeintlich langweilige Gerichte wie das Lamm im Hauptgang. Und zwar aus drei ganz simplen Gründen: tolle Produkte, akkurates Handwerk, Fokus aufs Wesentliche. Neben den überraschenden, unerwarteten Highlights sind das die schönsten Momente unserer Fresskarriere - wenn wir von etwas scheinbar Banalem und schon tausendmal Gegessenem aus den Stühlen geblasen werden. Das ist an diesem Abend mehrere Male passiert, und das Team um Christoph Rüffer hat gezeigt, dass man unter Umständen sogar zu noch höheren Weihen fähig ist, als diejenigen, die das Haerlin sowieso schon zieren.

Den Bericht zu unserem Besuch findet ihr hier.

Gesamterlebnis des Jahres

De Librije***, Zwolle

Wir waren schon so oft im De Librije, aber die Magie dieses Ortes verliert sich nie, im Gegenteil: Irgendwie wird der Zauber mit wachsender Vertrautheit sogar stärker. Da ist die Ankunft im imposanten Backsteingebäude, die Begrüßung durch den stets herzlichen und dabei verbindlichen Jonnie Boer, die angenehme Entspanntheit des ganzen Teams – das wirkt alles so authentisch und freundlich, dass man schon vor dem Aperitif auf Wolke 7 schwebt. Nicht zu vergessen das Menü im luftigen, lichtdurchfluteten Speisesaal: Boer kombiniert Kalbsherz mit gezupftem Kurzschwanzkrebs und Hühnerleber, Wassermelone mit Piccalilly und Kapern; eine ganze Ente gart er in Wachs, welches mit Orangen- und Mandarinenschale aromatisiert ist. Kein Teller wirkt kleinteilig-überladen, alles ergibt Sinn. Jonnie Boer ist inzwischen eine Art holländischer Altmeister, aber in Sachen Kreativität spielt er immer noch ganz vorne.

Die Bilder des Besuchs findet Ihr hier, der Artikel folgt zeitnah.

Enttäuschung des Jahres

Cookies Cream*, Berlin

Wir sind etwas entgeistert, als wir uns nach Verlassen des Hinterhofes über das Essen im hippen wie vegetarischen besternten 'Cookies Cream' austauschen. Mit Hochküche – sei sie nun klassisch oder modern – hatte das Essen nichts gemein. Zu groß war die Zahl handwerklicher und kompositorischer Fehlgriffe, kein einziges Gericht konnte uns die Entscheidung des Guide begreiflich machen. Mit dem grundsätzlichen vegetarischen Konzept hat all dies nichts zu tun, wir begrüßen den Trend, auch fleisch- und fischlose Spitzenküche auszuzeichnen. Doch im 'Cookies Cream' wird der eine oder andere sternereisende Gast sicher seine Probleme haben.

Den Bericht findet Ihr hier.

Die meisten Facebook-Likes

Waldhotel Sonnora***, Dreis

Bei unserer Facebook-Community kam dieses Jahr besonders gut der Artikel über das Drei-Sterne-Restaurant Sonnora in der Eifel an – 1124 Likes. 

Den Bericht findet Ihr hier.

Meistgelesener Bericht

Im Schiffchen**, Düsseldorf

Fazit: Leider inzwischen nur noch im 'Enzo' – ein Besuch bei Jean-Claude Bourgueil sollte zum Pflichtprogramm jedes Essverrückten gehören.

Den ausführlichen Artikel findet Ihr hier.

Produkt des Jahres

Beste Saucen

So, wie hier bei Jens Rittmeyer im No. 4 in Buxtehude. 

Den Artikel zum Besuch bei Jens Rittmeyer findet Ihr hier.

Trends des Jahres

Positiv

Natural Wines sind auf dem Vormarsch. Kundige Somms im In- und Ausland haben die möglichst ohne Intervention ausgebauten Weine mittlerweile komplett umarmt. Die Integration dieser Weine in Menüs und auf Weinkarten landauf-landab erschließt uns immer wieder neue, spannende Tropfen und bereichert im besten Falle Gerichte um eine weitere Dimension, die wir nicht mehr missen möchten. Long live the funk!

Negativ

Es gibt auch ein Downside zum Vormarsch der Natural Wines. Weniger kundige Somms und F&B-ler springen auf den Zug naturnah ausgebauter Weine auf, ohne wirklich Ahnung von dem Thema zu haben – wie bei jedem Trend gibt es auch hier die Trittbrettfahrer. Verschämt wie beim ersten Date tänzeln die Damen und Herren der Zunft auf unsere Tische zu, um urplötzlich einen der sagenumwobenen Weine aus dem Zylinder zu zaubern. Und wir sprechen hier nicht nur von den Hochburgen klassischer Weine wie der Restaurants in Grand Hotels, sondern auch von jungen und hippen Läden. Natural Wines for the sake of it? No thanks.

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