Götterspeisen  1.Mai 2014

Götterspeisen

Seien wir ehrlich: So gut die Kreationen unserer besten Köche auch sind, bleibt das Essen doch ein sehr flüchtiges Vergnügen. Man speist, genießt und begeistert sich – und doch verblasst mit der Zeit die Erinnerung. Manchmal aber, meist völlig unerwartet, bekommt man es mit einem Gericht zu tun, das sich förmlich in jenen noch unerforschten Bereich des Gehirns einbrennt, der für die Speicherung kulinarischer Offenbarungen zuständig ist. Solche Erlebnisse sind es, wonach jeder Gastrosoph sucht: Mit unserer neuen Serie geben wir all jenen Gerichten eine Bühne, an die wir seit Monaten, manchmal gar seit Jahren immer wieder denken müssen. Jene Geniestreiche großer Köche also, bei denen man schon nach dem ersten Bissen weiss, dass man es mit einem Geschmackserlebnis für die Ewigkeit zu tun hat. 

Götterspeise 60

SAIBLING "GERÄUCHERT" VON ANDREE KÖTHE UND YVES OLLECH

Leichtigkeit und scheinbaren Purismus zeigt das kongeniale Küchenduo im Nürnberger Essigbrätlein mit diesem ungewöhnlichen Gericht. Dankenswerterweise füllen die Chefs jeden Teller gleich mit drei Stücken des Fisches, der mit eingelegten grünen Wacholderbeeren drapiert ist. Darunter befinden sich außerdem Streifen grüner Wacholdercrème und Sahne mit Wacholderasche und Tomatensaft. Das wirkt eingänglich und ist unkompliziert zu essen, eröffnet aber auch die Möglichkeit, vom reinen Wohlgeschmack des ersten Stücks bis zum dritten Fischsegment immer mehr Details wahrzunehmen. So können wir zu Wiederholungstätern werden: Scheinbar Widersprüchliches wie die Crème aus getrockneter Roter Bete, Grapefruit und Tomatenkernen wird kombiniert und überrascht uns dann durch Harmonie, Tiefe und einen famosen Spannungsbogen. Eine Götterspeise, die uns auch in der Rubrik „Ein Teller mit...“ begeistert!

Den ausführlichen Bericht zu unserem Besuch im Essigbrätlein findet Ihr hier.

GÖTTERSPEISE 59

TOFFEE VON JOACHIM WISSLER

Eine Klassiker-Variation ist das Toffee: Gänseleberkaramell und Piemonteser Haselnuss im Bergisch-Gladbacher Vendôme. Nach dem optischen Vorbild der bekannten Süßigkeit vereint Joachim Wissler die Zutaten zu einem feinwürzigen Hochgenuss zwischen schmelziger Leber und knackiger Nuss. Hier zeigt sich, welche durchaus wichtige Rolle der Präsentation in Form einer perfekt gearbeiteten und von Souschef Denis Jahn entworfenen Metallplatte zukommt. In seiner vermeintlichen Simplizität geht dieses „Toffifee“ in unsere Götterspeisen ein und wir wünschen uns eigentlich nur noch, eine 24er-Packung mit nach Hause nehmen zu können.

Den ausführlichen Bericht zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Götterspeise 58

SELLERIECREME MIT PORREE, BALSAMICO UND NUSSBUTTER VON NILS HENKEL

Das Gericht von Nils Henkel aus dem 'Schlosshotel Lerbach' ist eine Seltenheit: Eine vegetarische Götterspeise. Die Kreation Selleriecrème mit Porree, Balsamico und Nussbutter ist von einer Köstlichkeit, die sich kaum in Worte fassen lässt. Wir versuchen es natürlich trotzdem. Der in etwas Fond und Weißwein gegarte Lauch schmeckt saftig, mild-würzig und passt in seiner leicht erdigen Aromatik bestens zu der süßlich-erdigen Selleriecreme. Die Nussbutter sorgt für eine gaumenschmeichelnde Vollmundigkeit, die Säure des Balsamico bricht die Üppigkeit von Crème und Butter. Aber am besten ist, sich nicht lange mit Lesen aufzuhalten, sondern dieses dezent wirkende und großartig schmeckende Meisterstück schnellstmöglich selbst zu probieren!

Den ausführlichen zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Götterspeise 57

OCTOPUSESSENZ MIT SEPIANUDELN UND MARSHMALLOW VON JÖRG SACKMANN

Schon die Essenz, die im Schlossberg in Baiersbronn kredenzt wird, haut uns mit ihrer sagenhaften aromatischen Tiefe und Komplexität um. Die Einlage aus Tintenfischstreifen und -stücken ist ein butterzarter Gaumenschmeichler, durch die Sepia-Marshmallows bringt Zwei-Sterne-Koch Jörg Sackmann eine fluffige Cremigkeit ins Spiel. Das geniale i-Tüpfelchen sind jedoch die Radieschenscheiben, deren angenehme Schärfe die Papillen immer wieder zu justieren und für die anderen Aromen frei zu machen scheint. Eine Götterspeise, keine Frage.

Den ausführlichen zu unserem Besuch findet Ihr hier.

GÖTTERSPEISE 56

GERÖSTETE ZWIEBELN VON ESBEN HOLMBOE BANG IM MAAEMO

In einem an Highlights reichen Menü im Osloer Maaemo sorgte ein unscheinbar anmutender Gang für die größte Verzückung: Geröstete Zwiebeln mit Wachtelei, in geröstetem Knochenmark sanft gegart, mit Sternmieren sowie einer Vinaigrette aus fenalår (norwegischer Lammschinken) und Zwiebeltapioka. Die Wonne dieses Gerichts ist enorm: Die Röstaromen und das Mark machen jeden Bissen ungemein dicht, die kleinen Lammwürfelchen steuern eine überraschend starke Fleischigkeit bei, während die Zwiebel Süße und der Tapioka Säure abgeben. Auch die Blättchen von Sternmiere wählt Küchenchef Esben Holmboe Bang aufgrund ihrer sanften Kräutrigkeit sensorisch gekonnt, so dass sie mehr als nur Deko sind. Im Zusammenwirken ist das von einer Filigranität und zugleich von einer Kraft, wie wir es selten erleben. Göttlich fürwahr.

Den kompletten Bericht zu unserem Maaemo-Besuch findet Ihr hier.

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