Götterspeisen 23.November 2016

Götterspeisen (10)

Seien wir ehrlich: So gut die Kreationen unserer besten Köche auch sind, bleibt das Essen doch ein sehr flüchtiges Vergnügen. Man speist, genießt und begeistert sich – und doch verblasst mit der Zeit die Erinnerung. Manchmal aber, meist völlig unerwartet, bekommt man es mit einem Gericht zu tun, das sich förmlich in jenen noch unerforschten Bereich des Gehirns einbrennt, der für die Speicherung kulinarischer Offenbarungen zuständig ist. Solche Erlebnisse sind es, wonach jeder Gastrosoph sucht: Mit unserer neuen Serie geben wir all jenen Gerichten eine Bühne, an die wir seit Monaten, manchmal gar seit Jahren immer wieder denken müssen. Jene Geniestreiche großer Köche also, bei denen man schon nach dem ersten Bissen weiss, dass man es mit einem Geschmackserlebnis für die Ewigkeit zu tun hat. 

Götterspeise 75

Raclette von Sven Wassmer

In einem an Höhepunkten nicht armen Menü begeistert uns Sven Wassmer im 'Silver' vor allem mit der Adaption eines Klassikers – das "Raclette aus Schweizer Bergkäse mit Bündner Bergkartoffel und Trüffel" schmeckt schlichtweg grandios. Dabei ist es im Grunde so simpel: Man nehme kleine Kartoffeln höchster Güte, die Biss haben und wirklich nach "Kartoffel" schmecken, gebe besten Käse darauf, der durch den warmen Schmelz erst seine ganz wohlige Wonne entfaltet, und kröne das Duo mit geraspeltem Trüffel, der dem Ganzen eine ätherische Fülle gibt. Das sind exakt drei Komponenten. Perfekt verbunden. Fertig ist eine Götterspeise.

Den ausführlichen Bericht zu unserem letzen Besuch in Vals findet Ihr hier.

GÖTTERSPEISE 74

Gin Tonic-Dessert von Tristan Brandt und Team

Viele Pâtissiers versuchen sich an Dessert-Umsetzungen von "Gin & Tonic", doch nur selten bleiben uns diese Kreationen im Gedächtnis. Nicht so im im Mannheimer 'Opus V': Hier wird der Longdrink-Klassiker sozusagen "dekonstruiert" – ein arg technischer Begriff, der den Wohlgeschmack nicht annähernd erahnen lässt. Brandts "Gin-Tonic, Gurke und Limette" schmeckt frisch, fruchtig, würzig und hat eine deutliche Gin-Note. Die G&T-Crème ist wunderbar leicht, die marinierten Gurkenstreifen haben Biss, das Gurkeneis bringt einen sensationellen Kick und die Limettenmousse feine Säure. Wie fast in all seinen Kreationen setzt Brandt auf zahlreiche weitere Variationen der Hauptkomponenten, was wir sonst nicht immer bräuchten, hier sorgt es aber für einen stetig steigenden Spannungsbogen. Definitiv eines der besten Desserts der jüngeren Sternefresser-Geschichte. Groß, ganz groß.

Den kompletten Bericht zu unserem Besuch 2015 findet Ihr hier.

Götterspeise 73

Zwiebelgratin à la Parisienne von Christian Le Squer

Das im Pariser 3-Sterne-Restaurant Le Cinq servierte Gericht klingt zunächst simpel, schmeckt aber genial. Die Zwiebeln kommen als eine Art Sphäre auf den Teller und sehen im ersten Moment wie überbackene Champignonköpfe aus. Dazu gibt es Knusperstücke von lange gereiftem Parmesan, geschmorte Zwiebelstückchen, schwarzen Trüffel und einen wunderbar und stark reduzierten Jus. Die angegrillten Zwiebelkugeln platzen am Gaumen und geben eine köstliche Zwiebelbouillon frei – das ist schon pure Wonne. Parmesan und Zwiebelconfit verstärken die beinahe fleischige, aber auch süffig-süßliche Vollmundigkeit. Jeder Bissen ist leicht, hat aber eine enorme Umami-Power und dabei immer noch Finesse. Zum Umfallen gut. Die Trüffelemulsion rundet mit ihrer würzigen Erdigkeit ab, wird aber beinahe überflüssig – diese Pariser Zwiebeln wären auch ohne das Luxusprodukt eine Götterspeise. Die besten Gericht sind oftmals eben auch die vermeintlich einfachsten.

Den kompletten Bericht zu unserem Besuch im Le Cinq findet Ihr hier.

Götterspeise 72

Macaroni mit Trüffel im Pariser Epicure

Bei unserem jüngsten Besuch im Drei-Sterne-Tempel von Éric Fréchon darf ein absoluter Klassiker (in Menü-Portion) nicht fehlen: Maccaroni, gefüllt mit schwarzem Trüffel, Artischocke und Foie Gras, gratiniert mit altem Parmesan. Schon 2012 hat uns dieses Nudelgericht ausnehmend gut gefallen – aber diesmal ist es sogar noch besser. Man muss versuchen, sich das vorzustellen: Die Cremigkeit der Foie-gras mit der Erdigkeit des Trüffels, den knackigen Artischocken-Stückchen und dem bissfesten, leicht kross gratinierten Pastateig. Da ist einfach alles drin, was das Herz begehrt. Dazu, als bräuchte es noch ein bisschen mehr vollmundige Süffigkeit, zweierlei Saucen: eine leicht aufgeschäumte Suprême und ein getrüffelter Hühnerjus, letzter zu einer wahren Essenz reduziert. Was für eine Wonne, was für eine Wucht, was für eine Götterspeise! Ein Gericht, das allein schon den Weg nach Paris lohnt.

Unseren ausführlichen Epicure-Bericht findet Ihr hier

Götterspeise 71

Schweinekinn mit Sojapulver und Räucheraal von Sven Elverfeld

Dieses Gericht gehört zum Besten, was wir bisher im Wolfsburger Aqua gegessen haben und dürfte bald ein Klassiker des Hauses werden. Das angenehm bissfeste, aber trotzdem zarte Fleisch und der Aal beflügeln sich aromatisch gegenseitig, dass es eine Wonne ist. Die Würze des Sojapulvers unterstützt die Umami-Aromen, das Yuzu-Gel schenkt Frische und Leichtigkeit. Am wichtigsten sind aber Kimchi und Rettich, die eine belebende, schärfende Säure einbringen, die nebenbei auch die räucherige Intensität des Aals auffängt. Bei dieser Kreation zeigt sich Sven Elverfelds großes Talent, komplexe Zusammenhänge ganz leicht verständlich und vor allem äußerst schmackhaft auf den Teller zu bringen. Ein unvergessliches Gericht, an das wir noch häufig denken würden.

Unseren ausführlichen Aqua-Bericht findet Ihr hier

Götterspeisen 66-70

...findet Ihr hier.

Das könnte dich auch interessieren