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Götterspeisen 12.Dezember 2019

Suffmeister-Empfehlungen: Best of Austria

Und jährlich grüßt der Durst: Wie bei jedem Jahreswechsel haben wir zehn der besten Sommeliers nach ihren Empfehlungen gefragt – dieses Mal zum Thema „Österreichs beste Weißweine“. Hier die Trink-Anregungen von höchster Stelle...

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Sebastian Bordthäuser, Privatier
Kirchmayrs Birnenschaumwein, Niederösterreich
Preis: 11,90 Euro bei Weinhalle

Die tägliche Portion Obst, die wir sowieso nicht essen, können wir genauso gut trinken. Also schenken wir uns nochmal großzügig nach von Kirchmayrs herrlichem Birnenschaumwein aus dem Mostviertel. Gewachsen in ökologisch bewirtschafteten Streuobstwiesen hält diese Birne, was der Apfel verspricht und fließt mit hedonistisch überbordender Frucht und niedriger Dosage in den stets leeren Kelch, denn dieser Nektar zischt gewaltig. Für die beste Birnen-Brause-Sause direkt immer gleich die doppelte Menge an Flaschen einplanen. Sonst Flasche leer – Feuerwehr!

Marian Henss, Purs (Andernach)
2017 Weißer Schiefer S, Uwe Schiefer, Burgenland
Preis: 38 Euro bei Weinhalle.de

Nur in besonderen Jahren wird aus Trauben der ältesten Reben am Eisenberg dieser herausragende Wein produziert. Beim Probieren fragte ich mich zunächst, ob es sich nicht um einen großen Burgunder handeln könnte? Vielleicht ein Meursault von Roulot oder Remi Jobard? Doch weit gefehlt – es ist Welschriesling (!) von bis zu 60 Jahre alten Reben mit etwas Weißburgunder. Nach der Spontangärung erfolgt ein 12-monatiger Ausbau in gebrauchten Barriques und in bester Schiefer-Manier wird der Wein dann kaum noch „berührt“. Keine Enzyme, kein Anreichern, keine Filtration oder Schönung. Das setzt natürlich eine herausragende Weinbergsarbeit voraus, die der Winzer nach 25 Jahren in den Reben perfektioniert hat.

Ein großer Wein: Ich rieche Steinobst, weißen Pfeffer und etwas zart Rauchiges. Am Gaumen ist der Wein dicht, dabei voller Lebendigkeit und Eleganz – das mutet majestätisch an. Perfekte Balance, burgundische Finesse, langer Abgang, und gleichzeitig abartiger Trinkfluss. Großes Kino und Uwe Schiefer pur!

Stefanie Hehn, Fontenay (Hamburg)
2013 Grüner Veltliner Ried Käferberg, Weingut Weszeli, Kamptal
Preis: 36,90 Euro bei Belvini

Rebsorten wie der Grüne Veltliner sind in kühleren Jahrgängen – wie beispielsweise 2013 – die Gewinner, da sie bei warmen Temperaturen häufig dazu neigen, zu alkoholisch zu werden. Der Käferberg zeigt sein volles Potential aber immer erst mit etwas Reife. Geprägt ist er von gelbfleischigen Fruchtaromen wie Pfirsich und Orange und der typisch kräuterig-würzigen Seite des Veltliners.

Am Gaumen wird seine cremige Struktur von einer angenehmen Bitterkeit und saftiger Säure balanciert, fast etwas wie ein Wermut. Mit seinem besonders langen und etwas salzigen Abgang kann man diesen Wein hervorragend zu Krustentiergerichten servieren, auch bzw. gerade wenn sie etwas schärfer abgeschmeckt sind.

Willi Schlögl, Freundschaft (Berlin)
2012 Sauvignon Blanc Zieregg IZ, Weingut Tement, Steiermark
Preis: 120 Euro im Tement-Shop

Mein absoluter Favorit in Österreich ist der IZ von Familie Tement. „IZ“ steht für „interzelluläre Gärung“, die erstmals 2005 am Weingut praktiziert wurde. Das ist etwas sehr Besonderes, da die schönsten Zieregg-Beeren einzeln gepflückt und nicht gequetscht werden. Dadurch gärt jede Frucht 100 Tage in sich, dann erst erfolgt die Pressung und im Anschluss die Gärung im Fass. Beim ersten Verkosten dachte ich mir „Oh mei Gott, I speib mi oa“, doch inzwischen hat sich der Wein komplett verändert und ist ein Knaller. Natürlich kostet das ein bisschen Geld. Richtig Geld sogar. Dennoch bleibt es für mich das Beste aus der Heimat: Struktur, Länge, Mundgefühl, ohne grob oder zu opulent zu sein.

Marco Franzelin, Schloss Schauenstein (Schweiz)
2015 "Mechthild", Weingut Oggau, Burgenland
Preis: 75 Euro bei Wein am Limit

Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster: mein Lieblingswein aus Österreich ist ein Grüner Veltliner, der aus dem Burgenland kommt. Vermutlich darf ich nun nicht mehr über andere Bundeländer an den Neusiedler See anreisen, aber was Steffi und Eduard Tscheppe-Eselböck mit der „Mechthild“ auf die Flasche bringen, ist schlichtweg eine neue Wein-Dimension. Sie zeugt davon, wie facettenreich diese Rebsorte sein kann, die sich in meinen Augen nicht vor Riesling oder Chardonnay verstecken muss. Ich habe die Oggau-Weine erstmals während meiner Zeit in Österreich verkostet und bereits damals war ich vollkommen begeistert von der Idee und Leidenschaft, die das Winzerpaar an den Tag legt. Mich hat der Wein damals in einer Blindprobe aus der Bahn geworfen: messerscharf, karg und präzise, auf der kräftigen Seite, weg von der Frucht, hin zu sehr viel Sekundär-Aromen – aber dennoch keine Liebe auf den ersten Blick bzw. Schluck. Ich musste lange über den Wein nachdenken - und genau solche Weine liebe ich – die mich nicht loslassen und auch nach dem Austrinken noch beschäftigen. Ab jetzt fliege ich einfach mit dem Heli über die Grenze, direkt ins Burgenland!

Gerhard Retter
2017 "Gloria", Weingut Kollwentz, Burgenland
Preis: 56,90 Euro bei Wein Furore

Ried Gloria ist die höchstgelegenste Lage am Leithagebirge, cirka 300 Metern Seehöhe, nur 5 Hektar groß und von allen Seiten von Wald umschlossen. Aufgrund der Höhenlage und des kühlenden Waldes erfolgt die Reifung hier sehr langsam.

Im Glas leuchtet der Wein in kräftigem Grüngelb. Das komplexe Bouquet duftet intensiv nach saftigen gelben Früchten, insbesondere nach Pfirsich, Quitte, und Zitrus. Dazu geröstete Haselnuss, eine dezente Kräuterwürze, sowie Noten von perfekt integriertem Holz.

Am Gaumen ist der Gloria enorm komplex und finessenreich. Der pure Leithakalk, auf dem der Wein wächst, verleiht ihm dabei Spannung und eine außergewöhnliche Mineralität. Ein herausragender Chardonnay, der zum Besten zählt, was man aus dieser Rebsorte weltweit finden kann. Da bleibt einem nicht anderes übrig als genussvoll zu trinken und inbrünstig ein „Gloria, Gloria, hallelujah!“ zu schmettern. Prost!

Carine Patricio, Schanz (Piesport)
2014 Chardonnay Leithaberg DAC, Gernot Heinrich
Preis: 15,60 Euro bei Wein Furore

Dieser Chardonnay stammt von den kalk- und schieferhaltigen Osthängen des Leithagebirges. Er wurde großteils über Nacht auf der Maische belassen, dann spontan vergoren und anschließend 19 Monate auf der natürlichen Hefe in großen Eichenfässern belassen. Dieser Jahrgang ist für mich der beste, den Familie Heinrich jemals gemacht hat. Straff, reduktiv, mineralisch, mit animierender Säure und langem Abgang. Der Wein lädt zum Nachdenken und Genießen ein. Ich freue mich immer, wenn ich ihn auf einer Weinkarte sehe und bestelle ihn sofort, da er vor allem auch ein toller Speisenbegleiter ist.

René Antrag, Steirereck (Wien)
2017 Gemischter Satz "von den Terrassen 1958", Martin Arndorfer
Preis: 29,90 Euro bei Champagneria oder Schreiblehner

Dies ist ein Paradebeispiel für einen Gemischten Satz – Tiefgang, Dichte und Struktur, ohne Mächtigkeit. Die ganz alten Reben von Neuburger, Grünem Veltliner und Riesling stehen auf dem Strasser Wechselberg. Im Glas ergänzen sich die reife Frucht vom Veltliner, die straffe Säure vom Riesling und das tabakige, rauchige vom Neuburger und geben dem Wein viel Tiefgang. Inzwischen gilt der Gemischte Satz ja als Wiener Spezialität, aber früher war er auch in anderen Regionen selbstverständlich -und hervorragend.

André Drechsel, Tian (Wien)
2008 Ex Vero 3, Werlitsch – Ewald Tscheppe, Steiermark
Preis: 44 Euro bei Weinskandal oder Gute Weine

Ewald Tscheppe ist ein ganz Großer der österreichischen biodynamischen Weinszene und ein Garant für höchsten Weingenuss. Seine Weine kennen keine Grenzen – weder sensorisch noch stilistisch.

Tscheppe bewirtschaftet 9 Hektar in der Südsteiermark, wo die Trauben für den Ex Vero 3 auf seinen kargsten, felsigsten und steilsten Lagen wachsen. Eine Cuvée aus Chardonnay und Sauvignon Blanc, wobei für Tscheppe die Lagen und Böden wichtiger sind als die Rebsorten. Spontanvergoren sind alle seine Weine, dieser wandert auch noch zwei Jahre ins große Holzfass und reift dann noch mindestens ein Jahr in der Flasche.

Für mich ist es schwierig, diesen Wein zu beschreiben, da er mich regelmässig zu einer kitschigen Auflistung von Superlativen verführt. Aber genau das hat er verdient - und außerdem mag ich Kitsch. Maximale Eleganz, geniales Säurespiel, höchste Komplexität, Kräuter deluxe. Ein auf Flaschen gezogenes Wow! Ewald, dank Dir für diesen großen Wein.

Johannes Schellhorn, Freundschaft (Berlin)
2015 Chardonnay Tiglat, Heinz Velich, Burgenland
Preis: 53,50 Euro bei Wein Furore

Der Tiglat ist ein Wein, der nicht verzweifelt nach dem Adjektiv burgundisch strebt. Anders als das Gros der Feinburgunder in der Weinlandschaft will dieser große Chardonnay aus einer nicht katastrierten (eingetragenen) Lage im burgenländischen Seewinkel keine Nachahmung des französischen Primus sein. Er schmeckt nach Lacken (kleine seichte Teiche die sich im Neusiedlersee spontan ergeben und im Sommer austrocknen), nach warmen Tagen, aber aufgrund der Finesse, Struktur und Länge auch wie eine kühle Nacht. Das Holz ist präsent, aber mit viel Gefühl eingesetzt. Die Velichs haben einen Familienbetrieb, der stetig gewachsen ist, aber dabei nie seine Identität und Handschrift vernachlässigt. Wie das immer so ist, das kostet für österreichische Verhältnisse auch richtig Geld: 48€. Aber nicht umsonst pflege ich den Merksatz: Velich Heinz – the number eins.

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