19.Dezember 2020

Suffmeister-Empfehlungen: Best of Austria

Und jährlich grüßt der Durst: Wie bei jedem Jahreswechsel haben wir zwölf der besten Sommeliers nach ihren Empfehlungen gefragt – dieses Mal zum Thema „Österreichs beste Rotweine“. Hier die Trink-Anregungen von höchster Stelle...

Magdalena Brandstätter, Sonnora

2016 Blaufränkisch, „Bodigraben-Orthogneis“, Güterweg, Weingut Kolfok, Mittelburgenland
Preis: 45 Euro bei Wein am Limit

„Wein, der geworden und nicht gemacht“ ist, so bezeichnet Winzer Stefan Wellanschitz seine Kolfok-Weine. Kolfok sagt man im Burgenland zu einem Charakter, der sich bewusst gegen Konventionen stellt. Wellanschitz selbst sieht sich bezüglich seiner Weine nur als Beobachter, er lässt ihnen alle Freiheiten ...

Der Blaufränkisch Bodigraben kommt aus einer der ältesten Rieden Neckenmarkts, ca. 500 m hoch gelegen. Die Reben wurden in den 1960er-Jahren gepflanzt und wachsen auf Orthogneis, einem wärmespeichernden Gestein. Die Trauben werden früh geerntet; Ziel ist es, kein Kraftpaket zu produzieren, sondern Frische zu bewahren. Während der gesamten Vinifikation wird auf sämtliche Behandlungsmittel verzichtet, und der Wein kommt ungeschönt und unfiltriert in die Flasche. Ein Blaufränkisch, der vor allem durch Feinheit und Eleganz, nicht durch Opulenz und Kraft besticht. Zarte Kirschfrucht, feine Mineralität und Kräuterwürze verleihen ihm Animation und Saftigkeit. Und ganz viel Trinkfreude ...

Rene Antrag, Steirereck

2012 Zweigelt „Graf“, Weingut Sepp Muster
Preis: 61 Euro (Magnum) bei Schäffers

Einer der überzeugendsten Zweigelt-Vertreter. Kernig-saftige rote Frucht die an Sauerkirschen erinnert. Eine fleischige Textur, die zusammen mit viel Würze und zart animalischen Anklängen für Komplexität sorgt. Ein Wein, der endlich einmal die Stärken von Zweigelt puristisch transportiert und ins Glas bringt. Ohne Kompromisse, vor allem ohne weiches Fruchtspiel in Kombination mit Holz und Süße. Ein Zweigelt, der in Zukunft immer mehr Spaß machen wird und den Weg vorgibt, was die Rebsorte hergibt. Wenn man sie lässt.

Marco Franzelin, Schloss Schauenstein

2017 Blaufränkisch Ried "Ratschen", Weingut Wachter-Wiesler, Burgenland
Preis: 32,95 Euro bei Gute Weine

Was Christoph Wachter-Wiesler zusammen mit einigen anderen Winzern im Südburgenland aus dem Blaufränkisch herausholt, ist eine Erfolgsgeschichte ohnegleichen. Wer ihn kennt, denkt an einen lebensfrohen Menschen, der gerne seinen roten Spritzer trinkt, mit seinem Hund unterwegs ist und sich seiner Wurzeln im Südburgenland bewusst ist. Doch wenn man mit ihm über seine Weine und deren Herkunft spricht, erscheint noch ein anderer Christoph, ein akribischer Perfektionist, der den Winzerberuf mit größter Leidenschaft ausfüllt. Er ist ein Botschafter seiner Region nicht nur in Österreich, sondern international, denn seine Weine sind schon lange über die Grenzen hinaus bekannt und geschätzt.

2017 war ein wärmerer Jahrgang und gerade dann zeigt sich das Gespür für gute Balance, wenn die kräftige Frucht nicht vorhanden ist. Er wirkt fein, fast seidig und changiert zwischen Veilchen, Zwetschgen und Flieder – eigentlich müsste man „Purple Rain“ dazu hören. Die Bedingungen für 17 waren grandios und ich bin davon überzeugt, dass wir an diesem Jahrgang für die nächsten 20 Jahre enorm viel Spaß haben werden. Wenn er denn so lange in den Kellern unangetastet bleibt.

Alexander Koblinger, Döllerer

2013 Blaufränkisch "Lutzmannsburg" Alte Reben, Weingut Moric – Roland Velich
Preis: 82,20 Euro im Weinhandelshaus Döllerer

Auf einem Hochplateau in Lutzmannsburg stehen die zum Teil über 90-jährigen Stöcke für diesen Blaufränkisch. Ton, Sand und Lehmböden auf diesem urzeitlichen Vulkan ergeben hier mit kalkigem Untergrund ein Blaufränkisch-Terroir vom Feinsten. Zusammen mit kleinsten Erträgen und unterstützendem Holzausbau in großen Fässern entsteht ein fesselnder und hochbegehrter Wein. In ihm findet sich die Kraft des Burgenlandes mit dunkler Frucht, Pfeffer, und markanten, aber reifen Tanninen. Lorbeerblätter, Graphit, Speck und kalter Rauch erscheinen wie ein schöner Gruß von der nördliche Rhône. Dazu rote Frucht von Himbeeren, Hagebutte und etwas Kirsche, begleitet von grandiosen Unterholznoten. Der Lutzmannsburg ist kein Tutti-Frutti-Wein, da ist keine Süße, keine Gummi-Arabicum-Weichheit, sondern viel Tiefe, Struktur, Würze und Länge. Roland Velich, für mich der Klaus Maria Brandauer des Blaufränkisch, versteht es hier meisterlich, das grandiose Potential des Burgenlandes zu zeigen. Darum „sag niemals nie“, wenn dir jemand ein Glas oder am besten eine Flasche anbietet.

Johannes Schellhorn, Freundschaft

2018 Pinot Noir Hochegg Limited Edition, Weingut Karl Schnabel
Preis: 100 Euro beim Weingut

Einen Rotwein aus der Steiermark in die Reihe der Besten zu stellen, zeugt vom Glauben an seine Qualität und für mich persönlich auch vor allem an seinen unverwechselbaren Charakter. Als Winzer und als Mensch zeigt Karl Schnabel in Kitzeck im Sausall Eigenständigkeit, fast schon Eigensinn, der gelegentlich zwischen Genie und Wahnsinn pendelt. Der Hochegg ist ein steiler Hügel mit lehmigem Silikatboden in bester Südost-Ausrichtung. Der Schnabel-Karl arbeitet im Weingarten biodynamisch und greift im Keller kaum ein. Selbstverständlich wird hier spontan vergärt, und die Frage nach zu viel Holz stellt sich gar nicht. Die Pinots aus der Lage Hochegg brillieren durch kühle Frucht und filigrane Säure, doch manche empfinden diese schlanken Weine als so unnahbar und störrisch wie den Winzer. Ich liebe sie beide.

Willi Schlögl, Freundschaft

2018 Blaufränkisch Perwolff, Weingut Krutzler
Preis: 45 Euro bei Gute Weine

Der Perwolff ist das Aushängeschild der Familie Krutzler und einer der bekanntesten Weine Österreichs. Der erste Jahrgang war 1992 und bestand aus 80 % Blaufränkisch und 20 % Cabernet Sauvignon. Über die Jahre stärkte sich die österreichische Rotweinidentität, und mit ihr auch der Anteil des Blaufränkisch im Perwolff, so dass seit 2009 diese Cuvée zu 100 % aus der heimischen Toptraube besteht. Perwolff war der Name der Weinbaugemeinde Deutsch-Schützen in ihrer ersten urkundlichen Erwähnung. Diese ist zwar eine der kleinsten, aber mit dem Eisenberg die mit Sicherheit charakterstärkste Weingegend Österreichs. Die Böden sind vor allem schiefer- und lehmhaltig und verpassen den Blaufränkischen aus dieser Weinidylle unglaubliche Frische, Mineralität und geschmackliche Vibration. Der Perwolff ist keine Einzellage wie viele andere Blaufränkische aus dieser Gegend. Er ist eine Selektion von den besten und ältesten Rebstöcken aus Deutsch-Schützen und Eisenberg. Vergoren wird er in traditionellen Maischebottichen und gelagert in Barriques und 500-Liter-Fässern für ca. 19 Monate. Ein südburgenländischer Kraftlackl, der trotzdem eine ballerina-artige Frische und Finesse mit sich bringt und über ein hohes Lagerpotential verfügt. Für mich der beste Rote Österreichs.

Carine Patricio

2016 Blaufränklisch "Goldberg", Weingut Prieler, Burgenland
Preis: 56 Euro bei Prieler

Georg Prieler gelingt es, aus der Rebsorte Blaufränkisch elegante, feine und präzise Weine auf die Flasche zu bringen. Ich hätte eigentlich alle seine Weine auflisten können, habe mich aber für seinen 2016 Goldberg entschieden. Goldberg steht auf Schiefer und nicht auf Kalk, was dem Wein Komplexität gibt. Und im Jahrgang 2016 ist es besonders gut gelungen, Finesse und Tiefe zugleich zu zeigen. Der Wein präsentiert sich im Glas mit einer brillanten und intensiven rubinroten Farbe mit leichten violetten Reflexen. Er duftet nach frischen Amarenakirschen, Pflaumen, Thymian, Veilchen, frisch gemahlenem Kaffee, Lakritze und Speck. Am Gaumen ist dieser Blaufränkisch bestens ausbalanciert. Eine Symbiose aus weichen Tanninen, animierender Säure und gut eingebundenem Alkohol. Der Wein ist elegant und konzentriert, zeigt unfassbare Dichte und eine schöne Länge. Er ist saftig und komplex zugleich. Für mich ein Meisterwerk unter den roten Tropfen Österreichs.

 

Hinweis: Inzwischen ist der ebenbürtige Jahrgang 2017 erschienen.

Steve Breitzke, Mast

2016 Blaufränkisch "Vorderberg", Weingut Lichtenberger-Gonzalez, Burgenland
Preis: 59,60 Euro beim Weinhandelshaus Döllerer

Martin Lichtenberger, ehemaliger Kellermeister von Gernot Heinrich, und Adriana Gonzalez, vormals bei Birgit Braunstein, haben sich in Breitenbrunn den Traum vom eigenen Weingut erfüllt. Ihr ältester Weingarten heißt Vorderberg, und der aus ihm stammende Blaufränkisch ist jedes Jahr ihr bester Wein. Der Vorderberg ist eine der steilsten Lagen am Leithagebirge, mit fast purem Kalkstein. Für mich ein Paradebeispiel der neuen Art von Blaufränkisch. Kühle Frucht und hohe Säure treffen auf viel Würze mit Kraft und schier endloser Länge.

Gerhard Retter, Cordo

2012 Sankt Laurent "Zagersdorf", Weingut Rosi-Schuster, Burgenland
Preis: 44,90 Euro bei Weinhalle

Wunderwuzzi mit Tiefgang! Hannes Schuster, dieser feinfühlige, ruhige Meister, lässt seine Träume wahr werden. Dabei schreit und posaunt er sie nicht heraus, sondern vertraut voll und ganz auf die „Flaschenpost“. Der im Weingarten besonders kapriziöse St. Laurent ergibt in seinen Händen nicht weniger als einen der finessenreichsten, elegantesten und gleichwohl tiefgründigsten Rotweine Österreichs. Wäre Mozart Winzer gewesen, dieser St. Laurent wäre seine Zauberflöte. Wobei der Wein auch was von Falco hat. Denn spätestens nach dem zweiten Glas lechzt man inbrünstig nach mehr und schreit: Rock me, Zagersdorf!

Sebastian Bordthäuser, Privatier

2015 Blaufränkisch "Kalkofen", Weingut Franz Weninger, Burgenland
Preis: 39,48 Euro bei Wein Furore

Ein formidabler Rotwein, der aufs Angenehmste zeigt, dass die Farben immer mehr verschwimmen, wenn die Schluckbeschleunigung zunimmt. Getrieben von einer Melange aus vertikalem Säurenerv und fein verwobenen Gerbstoffen, nimmt er am Gaumen schnell Fahrt auf und stürzt sich fast in des Zechers Schlund. Vibrierend wie ein Zitteraal, ist er elektrisierend und erfrischend zugleich und zischt dabei fast wie ein Weißer. Handverlesen sind die Trauben, selbstredend spontan vergoren, und sie reifen im 500er-Fass. Der Kalkofen mit ausschweifendem Antrunk, niederschwelligem Schluckwiderstand und höchst eskalativem Finish trinkt sich wie auf Autopilot.

Marian Henss, Purs

2015 Eisenberg Reserve, Weingut Uwe Schiefer, Burgenland
Preis: 60 Euro bei Weinhalle

Uwe Schiefer hat mit dem Jahrgang 2015 die Eisenberg DAC Reserve eingeführt. Ich bin ja seit langer Zeit ein bekennender Fan von Uwe und habe zuvor schon einen seiner Weine als meinen weißen Lieblingsösterreicher benannt. In den letzten Jahren bin ich besonders begeistert von der zunehmend kühl-leichten Stilistik. Blaufränkisch hat Farbe, ist dunkel in der Aromatik, erfährt aber hier viele helle Einschläge. Der Schiefer kommt perfekt durch. Name ist also Programm. Nasser, kalter Stein. Säurespitzen ohne Ende und ein sehr saftiger Eindruck. Zu Beginn ist das wie ein Glas Schattenmorellen, frisch geöffnet. Blutjung, aber schon ziemlich sexy. Der Wein entwickelt sich im aktuellen Stadium sehr langsam, so dass Zeit in der Karaffe sicher förderlich ist. Später bleibt die kühle, frische Komponente vorhanden. Die Schattenmorelle verabschiedet sich und lässt Platz für Wiesenkräuter und Johannisbeere. Das Reifepotenzial schätze ich sehr hoch ein. Ob ich aber so lange warten kann, stelle ich mal in Frage …

Andre Drechsel, Tian Wien

2016 Red Sonja, Weingut Christian Tschida, Burgenland
Preis: leider ausverkauft :(

Was Metallica und Christian Tschida wohl gemeinsam haben? Christian Tschida, für viele ein Rebell, für mich einfach geradlinig. Fokussiert. Für viele etwas schräg, in Österreich sagt man gerne "ein Eigenbrötler". Für mich geht er einfach seinen Weg. Qualitätsdenkend. Innovativ. Vielleicht auch etwas schräg. Aber was ist schon normal? Das sieht man an seinen Etiketten. Oft von Künstlern, bunt, verrückt, und weit weg von Zurückhaltung. Das spürt und schmeckt man auch in seinen Weinen. Meisterwerke, bunt, verrückt, Grenzen auslotend – jedoch das wichtigste immer im Vordergrund: die Qualität. So auch "Red Sonja". Ein Meisterwerk aus dem Burgenland. 100 % Cabernet Franc, Single Barrel, 40 Jahre alte Rebstöcke. Etikett vom Künstler Erro, eine einmalige Sonderfüllung. Saftig, nicht kitschig. Gefühlt fizzy. Unfiltriert, ungeschwefelt. Natur pur. Trinkfluss zum Gas geben. Ganz nach dem Motto eines genialen Metallica-Songs: Don’t stop for nothing, its full speed or nothing.

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