Tanks 12.November 2014

BottleTank No.1 – Der geilste Spätburgunder Deutschlands

Holzig, marmeladig und süß oder kühl, frisch und präzise? Für den ersten BottleTank haben wir zusammen mit der Effilee das Streitthema der Weinszene ausgesucht: Spätburgunder aus Deutschland. Dafür waren wir zu Gast an einem der vinophilsten Orte der Republik – der Weinbar Rutz in Berlin, und haben Sommeliers, Winzer und Branchenkenner an einen Tisch geholt.

Jeder durfte seinen persönlichen Favoriten in Sachen Spätburgunder aus dem Jahrgang 2012 zur Probe ins Rennen schicken, um am Ende des Nachmittags einen gemeinsamen Favoriten zu feiern.

Vor der Blindverkostung haben wir alle Teilnehmer gebeten, uns ihren mitgebrachten Lieblingswein in einem Video-Interview kurz vorzustellen und Euch zu verraten, warum es gerade dieser Tropfen sein musste. Wer am Ende den richtigen Riecher hatte und alle überzeugen konnte, lest Ihr danach...     

Weinvorstellung, Teil 1

  • Paul Schumacher – Winzer (Weingut Schumacher, Ahr)
  • Billy Wagner – Sommelier und Wirt (Nobelhart und Schmutzig, Berlin)
  • Jürgen Hammer (Deutsche Sommelier- und Weinschule, Berlin)
  • Vijay Sapre – Mitveranstalter und Journalist (Effilee)
  • Christoph Geyler – Sommelier (Rutz, Berlin)
  • Nina Mann – Sommelière (Zirbelstube, Stuttgart)
  • Sebastian Bordthäuser – Weinredakteur (ehemals Sommelier im Steinheuers**)

Weinvorstellungen, Teil 2

  • Steve Hartzsch – Sommelier (Fischers Fritz, Berlin)
  • Ursula Heinzelmann – Journalistin (u.a. FAS) 
  • Hanspeter Ziereisen – Winzer (Weingut Ziereisen)
  • Jan Konetzki – Sommelier (Gordon Ramsay, London)
  • Thomas Teibert – Önologe (Domaine L’Horizon, Südfrankreich)
  • Gerhard Retter – Sommelier (Cordobar, Berlin)
  • Markus Budai – Weinredakteur (WeinWisser & Sternefresser)

Holger Koch - Pinot Noir Reserve, Baden, 2012

Sommelier Christoph Geyler (Rutz, Berlin) brachte den Probensieger des ersten BottleTanks ins Spiel. Der geilste Spätburgunder Deutschlands kommt demnach aus Baden vom Kaiserstuhl! Das Weingut Holger Koch aus Vogtsburg konzentriert sich als Familienbetrieb seit 1999 ausschließlich auf Burgundersorten und setzt auf die Pflanzung von Setzlingen aus alten Rebanlagen anstatt zugekauften Klonzüchtungen. Mit 93 Punkten setzte sich Kochs Pinot Noir Reserve 2012 an die Spitze der Hitliste. Dabei bleibt er der Seele der Rebsorte treu. Bereits das durchscheinende Ziegelrot lässt erahnen, dass die Eleganz sich vor die pure Konzentration stellt. In diesem Sinne zieht sich die Filigranität fort. Neben klarster Pinotfrucht im Bukett und mineralischem Kern überzeugt der 2012er Pinot Noir durch seine Ausgewogenheit, eine knackige Frucht und feine Säure, die den jugendlichen Rotwein über den Gaumen spannt. Ein durch und durch gelungener Vertreter der kühleren Spätburgunder-Stilistik und ein großartig eleganter Siegerwein!

Dautel – Spätburgunder Sonnenberg, Württemberg, 2012

Wie sehr die Weinszene die stille Rotweinrevolution Württembergs verschlafen hat, zeigt unser Zweitplatzierter (92 Punkte) beim BottleTank. Dautels Spätburgunder vom Sonnenberg 2012 bietet mächtig Substanz. Der fast dichte Spätburgunder wird nur durch einen zarten Wasserrand im Zaun gehalten und trumpft mit einer vielschichtigen Himbeerfrucht sowie zarten Kräutern auf. Ein wenig Milchkaffee vom Holz gliedert sich prächtig in die hedonistische Frucht ein, sodass hier auch in der Jugend von einem gelungenen Holzmanagement geredet werden kann. Am Gaumen klammert sich um die klare Frucht ein samtiges Tannin, die feine Säure hält den Wein fidel. Insgesamt ein ausgewogener Spätburgunder mit Tiefgang. Der Weintipp stammte von Sommelière Nina Mann (Zirbelstube, Stuttgart), die sich innerhalb kürzester Zeit offenbar ganz gut ins Schwabenländle hineingefuchst hat.  

Schnaitmann – Fellbacher Lämmler Spätburgunder Bergmandel GG, Württemberg, 2012

Mit Rainer Schnaitmanns Großem Gewächs baut Württemberg als Rotweinregion mächtig Druck auf. Schnaitmanns 2012er Bergmandel besticht durch eine vielschichtige Frucht, die mit Brennnessel und feinen Kräutern nuanciert wird. Ein präziser und äußerst kraftvoller Spätburgunder, der es in der Probe auf glatte 90 Punkte schaffte. Als Favorit von Gerhard Retter (Cordobar, Berlin) landete der Wein damit auf dem dritten Platz des Treppchens. Und auch der Gault&Millau kürte den Wein bereits zum elften Mal in Folge zum Sieger des Anbaugebiets.

Stadt Klingenberg – Klingenberger Schlossberg Spätburgunder GG, Franken, 2012

Benedikt Baltes schätzen wir seit seinem ersten Jahrgang. Was der ambitionierte Winzer innerhalb von drei Jahrgängen geschaffen hat, verblüfft nicht nur uns. Mit dem 2012er GG aus der Paradelage Schlossberg, dreht Baltes weiterhin an der Qualitätsschraube. Der Spätburgunder überzeugt uns wegen des ausgewogenen Säuremanagements, einer knackig-kühlen Frucht und intelligentem Holzeinsatz. Bereits in der Jugend kann man die präzise Frucht ganz klar erschmecken. Das Tanninrückgrat gibt dem Wein Polster für die Zukunft. Unser Sieger der Herzen!

Rudolf Fürst – Centgrafenberg Spätburgunder GG, Franken, 2012

Einen wahren Klassiker servierte uns Jan Konetzki (Gordon Ramsay, London). Obwohl das GG aus dem Centgrafenberg nicht die Spitze des Hauses bildet, ist der Spätburgunder von Fürst alljährlich eine sichere Bank. Mit dem 2012er Jahrgang scheint ein etwas dezenteres Toasting der Barriques einherzugehen, sodass der unserer Meinung nach sonst in der Jugendphase oft schwierig zu bewertende Spätburgunder eine verständliche Sprache spricht. Feine Röstnoten prägen den Wein, ohne die Frucht zu kaschieren. Am Gaumen hat man einen sehr kräftigen und für deutsche Verhältnisse tanninbetonten Spätburgunder von rotfruchtiger Aromatik. Man darf sich jetzt schon freuen, den Centgrafenberg in fünf, acht oder zehn Jahren zu trinken!

Doppelte Blindprobe

Die Probenreihenfolge der eingereichten Weine wurde unabhängig durch Christoph Schlee von Kössler und Ulbricht in Berlin zusammengestellt. Alle Weine wurden aus Pinot Noir-Gläsern der Zwiesel Select Serie verkostet und im 100-Punkte-Schema bewertet. Das Ergebnis setzt sich aus dem Punktedurchschnitt aller 14 Verkoster zusammen, wobei die jeweils höchste und niedrigste Wertung gestrichen wurden. 

Der BottleTank wurde unterstützt von The Weinmeister.

Fazit

Holz oder kein Holz? Die Blindverkostung sorgte für einige Überraschungen. Besonders die Dominanz Württembergs hat gezeigt, dass hier in puncto Spätburgunder einiges in Bewegung ist. Holger Kochs Reserve, der Sieger der Verkostung, zählte zu den leichtesten und elegantesten Vertretern, wenngleich sich mit Dautels Sonnenberg ein kräftigerer und vielschichtiger Typ dicht an seine Fersen heftete. Im Vordergrund stand letztendlich weniger die Frage nach dem gekonnten Holzeinsatz, sondern viel mehr die persönliche Interpretation des Spätburgunders durch den Winzer.  

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