High Noon in Little Tokyo

Das Nagaya in Düsseldorf von außen

Das Nagaya, faktisch das beste japanische Restaurant Deutschlands, befindet sich im japanischen Viertel Düsseldorfs – oder wie Apples Karten-App es nennt – in Little Tokyo. Inzwischen dürfte sich auch außerhalb des Rheinlands herumgesprochen haben, dass das dortige kulinarische Angebot weit über Sushi, Sashimi und Miso hinaus reicht. Und selbst diese vermeintlich einfachen Gerichte sind bei Yoshizumi Nagaya von derart guter Qualität, dass wir von unserem Besuch im Jahr 2012 verdorben sind: Nur noch selten kehren wir bei japanischen Restaurants ein, da wir die außerordentlichen Produkte und die perfekten Schnitttechniken des Meisters vermissen.

Japanischer Gemüsegarten als erster Gang im Nagaya

Gegartes und mariniertes Gemüse in Verbindung mit dem feinen Fisch lassen im Anschluss Frühlingsgefühle an diesem grauen Februartag bei uns aufkommen: Der japanische Gemüsegarten mit Doraden-Sashimi, Yuzu-Miso-Soße und Olivenkrokant ist mit viel Sorgfalt in Szene gesetzt und gefällt uns ob seiner steten Abwechslung. Mit jedem Bissen offenbaren sich neue Kombinationen, ohne zu überfordern. Die unterschiedlichen Garpunkte des Gemüses sind stimmig, und der Fisch erhält trotzdem ausreichend geschmacklichen Spielraum. Ein gelungener Start.

Thunfisch-Tatar im Nagaya in Düsseldorf

Mit dem visuell reduzierten, aber nicht minder eindrucksvollen Tatar vom Thunfisch mit getrockneter Zwiebel, Sojasaucenpulver und Essiggelee erhalten wir vom Service eine ausführliche Erklärung zu dem schwarzen Pulver, das auf dem Lauchgewächs liegt. Es handle sich um getrocknete Sojasauce biologischer Provenienz aus Japan, die im Restaurant mit Gemüse verfeinert und weiter gereift werde. Die Salzigkeit des Pulvers ist dezent, so dass wir das Tatar damit ordentlich würzen, bevor uns die Zwiebelscheiben als Essbesteck dienen. Einem Ritual gleich löffeln wir nun bedächtig das köstliche und cremige Tatar, fruchtig-säuerliche Noten steuert das japanische Essiggelee bei, die Zwiebel akzentuiert texturell und steuert eine dezent-spitze Säure bei. Großartig.

Restaurantkritik  3.Februar 2014

Mit dem Omakase, der Menü-Empfehlung des Chefs, spannt Nagaya den Bogen aber bedeutend weiter, ohne dabei in eine wilde Fusion-Küche abzudriften. Vielmehr zeichnet sich die Abfolge durch eine bewusste japanische Produktküche aus, die mit europäischen Zutaten und Zubereitungsarten kombiniert wird. Es wurde für uns nach zwei Jahren somit dringend mal wieder Zeit, im Nagaya einzukehren und das sechsgängige Mittagsmenü für unwiderstehliche 64 Euro zu genießen.

Bereits zu Beginn des Lunches fällt auf, dass der Service im direkten Vergleich zum vorherigen Besuch wesentlich besser geworden ist. Gab es vormals Barrieren bei Erläuterungen zu den Gerichten und eine wenig kompetente Weinberatung, hat sich Herr Nagaya hier maßgeblich verstärkt. Sowohl Maître Mathias Däubler als auch Sommelière Nina Mann heben diesen bisher vernachlässigten Aspekt auf ein höheres Level. Auch die Weinkarte erscheint fairer kalkuliert, wenngleich sie wahrlich kein Paradies für Schnäppchenjäger ist.

Kulinarisch startet die Küche mit einem guten, aber eher unauffälligen Küchengruß, dem Tatar vom japanischen Doradenbäckchen mit Yuzu-Dressing. Ganz der Omakase-Tradition folgend, beginnt der Küchenchef das Menü mit einem leichten Gericht, um dann immer intensiver zu werden.

Der auf einer Schale thronende erste Teil des nächsten Ganges fällt dann einem einzigen gierigen „Happs“ zum Opfer. Zu verlockend riechen der gebackene Hummer und der dazugehörige Kimizu-Dip. Zeit zur Reue bleibt nicht, wenngleich wir ob des perfekten Kataifi-Tempuras auch einen zweiten Bissen vertragen hätten. 

Unter dem Deckel der Schale verbirgt sich das Hummer-Tatar mit Kaviar und japanischem Essig. Schlichtweg ein süffiger „Crowd-Pleaser“, bei dem auch die Auswahl des Essgeschirrs Sinn ergibt.

Obwohl wir noch nie in Japan waren – eine unserer größten Sehnsüchte –, wähnen wir uns mit Sushi- oder Sashimi-Bestellungen Nippon immer am nächsten, und mit den vier Empfehlungen von Yoshizumi Nagaya gelingt dies besser denn je. Überzeugendere Produktqualitäten und präzisere Nigiri-Schnitte werden wir in Deutschland vom Shimaachi (Holzmakrele), dem Hamachi (Gelbschwanzmakrele), dem Tuna (Thunfisch-Rücken) und natürlich dem geliebten O-Toro (Thunfisch-Bauch) nicht finden. Beinah müßig zu erwähnen, dass im Nagaya selbstverständlich echter, geriebener Wasabi Verwendung findet, der nichts und rein gar nichts mit dem Industrieprodukt (Paste oder Pulver) gemein hat. Der Schärfegrad könnte dem einen oder anderen Gast durchaus die Schuhe ausziehen – und so auch einem der Sternefresser nach einer unüberlegt eingeschobenen Mut- bzw. Geschmacksprobe. Auch beim eingelegten Ingwer verweist lediglich der Name auf das gemeinhin gewohnte Alltagsprodukt. Der dampfende Stickstoff unter dem Brettchen ist eine Spielerei, die die Nigiri und Maki wie eine Miniatur-Band aus den 80ern in Szene setzt.

Das Potpourri von der Valrhonaschokolade fällt im Anschluss weniger spektakulär aus, wenngleich die Bandbreite der Temperatur- und Texturzustände auf dem Teller gerade für Schokoholics äußerst befriedigend sein dürfte. Auch wir nehmen diesen harmonischen Abschluss an diesem Mittag gerne mit.

FAZIT

Wir sagen für heute „Sayonara Nagaya San“ und können hoffentlich bald die beachtliche Leistung im Nippon Düsseldorfs mit der Leistungsschau im Land der aufgehenden Sonne vergleichen. Dies dürfte die einzig adäquate Maßnahme sein, um Chef Nagayas individuelle Stilistik einzuordnen.

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