
Herdhelden 2015
Kein Jahreswechsel ohne Resümee: Wir wagen wie jedes Jahr einen Rückblick auf die vielen kulinarischen Erlebnisse im In- und Ausland und stellen Euch nachfolgend unsere Helden in vierzehn Kategorien vor. Viel Spaß dabei!
Fotocredit: (CC) Julian Fong

Das wagemutigste Menu
Landhaus Scherrer*, Hamburg
Manchmal begegnet uns unerwarteter Hochgenuss an Orten, die nicht gerade für kulinarischen Wagemut stehen. Heinz O. Wehmann ist für seine Vierländer Enten bekannt und das Landhaus Scherrer stellt mit seiner leicht modernisierten Klassik eine gediegene Hamburger Adresse dar. Was dann aber beim auf Nachfrage erhältlichen Innereien-Menü auf die Teller kam, war hervorragend: schlotzig, klassisch, regional und manchmal überraschend entschlackt – und das konsequent mit der tierischen Vollverwertung bis zum Dessert. Wir lieben solche Überraschungen!
Den ausführlichen Bericht findet Ihr hier.

Entdeckung des Jahres
Harald Irka (Saziani Stub'n, Straden)
Der erst 23-jährige Harald Irka (links) stellt auf dem Weingut Neumeister in der Steiermark sein enormes Talent unter Beweis und begeistert mit einer äußerst individuellen Küche, die wunderbar zu den eleganten Weinen und der Herzlichkeit von Albert Neumeister im Service passt. Bei dem jungen Chef haben wir das Gefühl, dass er Entwicklungszyklen, für die andere Meister Jahre und Jahrzehnte benötigen, in Halbjahresschritten vollzieht. Wir empfehlen Euch daher dringend, eine Reise in die Südsteiermark zu planen!
Hier findet Ihr die Bilder zu unserem Besuch.

Sommelier des Jahres
Billy Wagner (Nobelhart & Schmutzig*, Berlin)
Der 34-Jährige ist wahrlich kein Neuling in der Riege der Suffmeister, die um die Aufmerksamkeit der deutschen Gäste buhlen. Doch Billy Wagner hat sich mit der Eröffnung seines viel diskutierten Speiselokals 'Nobelhart & Schmutzig' gehäutet und fusioniert die Aufgaben des Sommeliers mit denen eines Patrons und eines Alleinunterhalters. Er versteht es, seine Gäste nicht nur mit außergewöhnlichen und autochthonen Getränkeempfehlungen zu begeistern, sondern glänzt stets mit guten Ideen, wie dem variablen Korkgeld. Die Gäste an der Theke umsorgt er auf herzlichste, aber dennoch lässige Art und Weise, versprüht Souveränität und befeuert die einmalige Atmosphäre. Solche Charaktere machen Berlin zu einer kulinarischen Metropole.
Den ausführlichen Bericht findet Ihr hier.

Desserteur des Jahres
Mario Barros (Librijes Zusje**, Amsterdam)
Avocado mit Salat, Tom-Kha-Gai-Suppe, mexikanischer Taco – das klingt alles so gar nicht nach Desserts, gehört aber zum besten Süßspeisen-Reigen, den wir 2015 verkosten durften. Pâtissier Mario Barrios aus dem Librijes Zusje überträgt mit Vorliebe würzige Geschmacksbilder in die süße Welt. Das machen zwar viele, aber bei ihm hat man nicht einfach das Gefühl, gesüßtes Gemüse zu essen. Keine Kreation wirkt forciert oder prätentiös. Sogar sein Waldorfsalat schmeckt so schlüssig und stimmig nach Dessert, als wäre er nie etwas anders gewesen. Von Barrios werden wir noch viel hören, für den Moment ist er aber schonmal unser "Desserteur des Jahres".
Den Bericht zu unserem Besuch im Zusje findet Ihr hier.

Service des Jahres
Schwarzer Adler*, Oberbergen
Angeführt von Hubert Pfingstag (Foto) und Sommelière Melanie Wagner wird im Schwarzen Adler noch klassisch-eleganter Service in Perfektion zelebriert, egal ob es einem getrüffelten Huhn oder einem 30 Jahre alten Bordeaux an den Kragen geht. Noch bemerkenswerter ist die Brigade aber in ihrer unnachahmlichen Art, jeden, aber auch wirklich jeden Gast herzlich willkommen und wunderbar umsorgt fühlen zu lassen. Hier wird demonstriert, warum gelebte Freude an glücklichen Gästen viel wichtiger ist, als aufgesetzte Lockerheit, um kulinarische Novizen angstfrei in die gehobene Gastronomie einzuführen. Und spätestens, wenn um Mitternacht noch ungefragt der VW-Bus aus der Garage kommt, um burgunderbeseelte Esser sicher in ihre Unterkunft zu bringen, wird klar, warum man hier Stammgast sein möchte.

Casual Fine Dining
Pramerl and the Wolf (Wien)
Wolfgang Zankl (links), Ex-Souschef des 'Mraz und Sohn', hat sich im Dezember 2015 im Wiener Servitenviertel mit dem 'Pramerl & the Wolf' in einem ehemaligen Wirtshaus selbstständig gemacht. Das Ergebnis sind delikate und durchdachte Gerichte wie das "Onglet mit Serviettenknödel und Pilzen", die auch noch äußerst fair bereits sind – das trifft viele Aspekte des "Casual Fine Dinings". Schon allein aufgrund der vielleicht schönsten Theke Wiens ein Muss für den nächsten Trip in die Hauptstadt!
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Internationales Erlebnis des Jahres
De Lindehof**, Nuenen (Niederlande)
Wir wussten nichts über das frisch zweifach besternte Restaurant 'De Lindehof' in Holland – und wurden von Soenil Bahadoers eigenwilliger Küche förmlich umgehauen. Mit lässiger Souveränität und jeder Menge Selbstvertrauen pendelt er zwischen Klassik und Exotik, das ist nicht immer perfekt, aber immer sehr persönlich. Darauf kommt es an. Dazu ein liebenswert-familiärer Service und ein dandyhafter Sommelier wie aus einem Puschkin-Stück. Und das alles in der Umgebung des idyllischen Van-Gogh-Städtchens Nuenen. Ein Erlebnis, das wir schnellstmöglich wiederholen wollen.
Den Bericht zu unserem Besuch findet Ihr hier.

Fastfood des Jahres
Pigbull, Köln
Wenn es bei uns mal schnell gehen muß und deftig werden darf, wünschen wir uns einen Laden wie das Kölner 'Pigbull' zur schnellen Triebbefriedigung in unmittelbarer Nähe. Im Sommer eröffneten die in der Sternegastronomie erfahrenen Sebastian Franke und Maximilian Lorenz (Letzter betreibt auch das L'Escalier) ihr beinahe monothematisches Konzept und starten seitdem mit Streetfood durch. Dabei kombinieren sie bestes Fleisch mit tollen Brötchen ("Spicy Louisina Pulled Pork mit Krautsalat im Brioche") und können damit fast jeden Burger abhängen – hinzu kommen noch Weekly Specials. So seriös kann gutes Fastfood sein!
Unser Besuchsposting findet Ihr hier.

Das vorbildliche Restaurant
Handicap*, Künzelsau
Uneingeschränkt nachahmenswert finden wir das Konzept des Restaurants im Hotel Anne-Sophie. Wie der Name schon sagt, arbeiten in Küche und im Service Mitarbeiter mit und ohne Handicap zusammen – wie das gesamte Hotel ein Musterbeispiel der viel diskutierten Inklusion. Initiiert wurde das Ganze bereits vor zehn Jahren von der Unternehmergattin Carmen Würth, die selber Mutter eines Kindes mit Behinderung ist. Weil mit Serkan Güzelcoban ein sympathischer und vor allem guter Koch die Küche leitet, darf sich das Restaurant seit dem Michelin 2015 über einen verdienten Stern freuen. Und uns hat die Auszeichnung für das tolle Team ebenfalls sehr gefreut!
Unseren Bericht findet Ihr hier.

Menü des Jahres
Schloss Schauenstein***, Fürstenau (Schweiz)
Als wir Andreas Caminada zum ersten Mal in seinem einzigartigen Restaurant in der Schweiz besuchten, waren wir vom Erlebnis gänzlich berauscht. Das Wunderbare an diesem herrschaftlichen Haus ist jedoch, dass man auch bei wiederholten Besuchen begeistert wird – so auch wir kürzlich. Am Ende des langen Nachmittags war klar, dass wir soeben unser "Menü des Jahres 2015" genossen hatten.
Das Album findet Ihr hier, der Bericht folgt.

Gesamterlebnis
Silver*, Vals (Schweiz)
Bereits die Anfahrt über steile Serpentinen zu dem auf 1.250 Meter gelegenen Designhotel '7132' im schweizerischen Vals ist eindrucksvoll. Aber was Sven Wassmer, Gault Millaus "Aufsteiger des Jahres", dann im stilvoll-lässigen Restaurant 'Silver' serviert, verschlägt einem endgültig die Sprache: individuell, puristisch, köstlich. Nach dem Essen geht es dann noch zum Mitternachtsbaden in die berühmte Therme des Hotel.
Das Album findet Ihr hier, der Bericht folgt.

Enttäuschung des Jahres
Il Giardino**, Bad Griesbach
Manchmal springt der Funke einfach nicht über. Nach unserem Besuch bei Denis Feix rätseln wir noch immer, ob es an der falschen Erwartungshaltung unserseits lag, die von Schlagworten wie "moderner Naturküche" oder "Naturreise" geweckt wurden und ob die schweren, altbackenen und vor allem sattmachenden Crèmes und Schäumchen wirklich sein mussten. Trotz guter Ansätze gehörte der Besuch im Niederbayrischen zu den weniger erfreulichen Erfahrungen des vergangenen Jahres.
Das Album findet Ihr hier, der Bericht folgt zeitnah.

Most liked on Facebook
The Table by Kevin Fehling***, Hamburg
Umzug von Travemünde nach Hamburg, die Verteidigung der höchsten Michelin-Weihen und maximale Aufmerksamkeit – das gelang diesem Jahr nur Kevin Fehling und seinem Team.
Den Bericht, der eine Woche nach der Eröffnung erschien, findet Ihr hier.

Meistgelesener Bericht 2015
Schwarzwaldstube***, Baiersbronn
24 Jahre mit 3 Sternen ausgezeichnet und kein bißchen müde – Harald Wohlfahrt und sein Team interessieren Euch wie kaum eine andere Brigade.
Den Bericht "Termin im Eichamt" findet Ihr hier.