Suite Dreams  1.Mai 2019

Clift Hotel, San Francisco

Mit Luxushotels ist das immer so eine Sache. Alles ist gut und schön und edel, aber irgendwie auch etwas austauschbar. Wie beim Interieur von Spitzenrestaurants scheint es auch hier eine Art internationale Gestaltungsnorm zu geben, von der kaum jemand sich so recht abzugrenzen traut.

Eine bemerkenswerte Ausnahme ist das bestens gelegene Clift Hotel in San Francisco. Von außen wirkt es regelrecht unscheinbar – ein Hochhaus wie so viele in Midtown-SF. Aber schon die Lobby ist höchst ungewöhnlich. Mit der gedämpften Beleuchtung, den dunklen Farben und den kunstvollen Gestaltungselementen fühlt man sich eher wie im Vorraum eines modernen Museums oder wie im Empfangssalon eines schicken Clubs, als in einem Großstadthotel. Zwischen Stühlen von Ray und Charles Eames steht ein Kaffeetisch von Salvador Dali, daneben ein surreal-riesenhafter Stuhl von Roberto Matta, bei dem es sich lohnt, auf die Knie zu gehen und unter die Sitzfläche zu schauen ...

Kurz gesagt empfinden wir die Atmosphäre auf individuelle Weise luxuriös und auf sehr authentische Weise zwischen Tradition und Moderne changierend.

Der Hauch von Geschichte, der die Lobby durchweht, hängt sicher auch mit der Historie des Hauses zusammen: Das Clift wurde 1913 von dem vermögenden Anwalt Frederick C. Clift in Auftrag gegeben und eröffnete pünktlich zur Weltausstellung im Jahr 1915. Aus dieser Zeit stammt auch die Hotelbar "The Redwood Room". Hier sieht es noch immer fast genau so aus wie vor 100 Jahren: Die kunstvolle Holzvertäfelung des gewaltigen Raumes stammt von einem einzigen Redwood-Tree. Normalerweise sind Hotelbars nicht so sehr unser Fall, aber der Aura dieses geschichtsträchtigen Ortes können wir uns nicht entziehen. Zumal die Bar vor allem am Wochenende proppenvoll ist und ein angesagter Treff für die lokale Fashion- und Design-Crowd zu sein scheint. Die Drinks sind in Ordnung und die Preise für San-Francisco-Verhältnisse fair. Nach unserem Dinner im Quince nehmen wir hier noch ein paar Absacker ... 

Anders als die Bar hat der Rest des Hotels mit dem Style der Eröffnungsjahre nur noch wenig gemein. 1999 wurde das Haus von der Morgan Hotel Group übernommen, die damals dem Hotel-Impresario Ian Schrager gehörte, der einst Mitbegründer des legendären Studio 54 in New York war. Keine schlechte Voraussetzung, um einen Hotspot zu schaffen.

Gemeinsam mit Philippe Starck unterzog Schrager das Clift einer Umgestaltung, die voll von historischen Bezügen zu den Redwood-Wäldern und dem kalifornischen Goldrausch ist. In den vorwiegend eingesetzten Pastelltönen (jedes Stockwerk hat eine andere Farbe) werden die einzigartigen Lichtstimmungen der Bay Area aufgegriffen – eine sehr hübsche Idee, finden wir. Teilweise fielen die Ideen aber auch sehr, sagen wir: eigenwillig aus. So gibt es in den Zimmern bis heute keine Stifte, Notizblöcke oder Briefumschläge, weil nichts vom Interieur ablenken soll. Nun ja ...

Von solchen etwas albernen Details abgesehen, gefällt uns die Gestaltung aber ausgesprochen gut. Die Deluxe-Suiten, mit knapp 86 m² die größten Unterkünfte des Hotels (von einem Apartment abgesehen), überzeugen uns allein schon mit ihrer luftigen Gestaltung: Helles Holz, warme Farben, klare Linien und vor allem jede Menge natürliches Licht geben dem Raum Frische, ohne dass er steril wirkt.

Das Mobiliar im geräumigen Wohnzimmer wirkt nicht wuchtig, und mit der zum wohligen "Fläzen" einladenden Couch und dem knuffigen Sessel ist es gemütlicher als in vielen anderen Suiten. Hier herrscht kein Protz, sondern Eleganz mit einem gewissen Understatement – und ja, auch der leicht verkitschte Philippe-Starck-Charme der späten neunziger Jahre, mit dem buntem Glas, den Pastelltönen und dem Gold (Stichwort: "Gold Rush"), trägt zur Atmosphäre bei. Man hat den Eindruck, dass in diesen Räumen wirklich jemand leben könnte. Wir fühlen uns jedenfalls auf Anhieb wohl.

Über das Schlafzimmer der Suite muss man nicht viele Worte verlieren. Das Bett ist großartig bequem und in der für Amerika so typischen King-Größe, bei der wir durchaus auch quer liegen könnten. Es gibt viele Fenster (Licht!), genug Ablagemöglichkeiten und ein separates Ankleidezimmer, welches auch ins schöne, aber relativ kleine Badezimmer führt. 

Alles bestens also, wenn wir mal vom Radiowecker am Bett absehen, der zwar schick aussieht, aber nicht ganz leicht zu bedienen ist (was uns beinahe einen Rauswurf aus dem Hotel beschert hätte, weil das Ding in unserer Abwesenheit mit voller Lautstärke loslegte...).

Schön zu wissen übrigens auch, dass man kein Vermögen braucht, um im Clift  zu residieren – es muss ja nicht immer eine Deluxe-Suite sein. Ein Standardzimmer (immer noch geräumig) gibt es über deutsche Buchungsportale je nach Saison schon für unter 200 Euro. Für San Francisco – insbesondere in dieser Klasse und dieser Lage – geradezu ein Schnäppchen!

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