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Götterspeisen 20.Mai 2017

Götterspeisen (11)

Seien wir ehrlich: So gut die Kreationen unserer besten Köche auch sind, bleibt das Essen doch ein sehr flüchtiges Vergnügen. Man speist, genießt und begeistert sich – und doch verblasst mit der Zeit die Erinnerung. Manchmal aber, meist völlig unerwartet, bekommt man es mit einem Gericht zu tun, das sich förmlich in jenen noch unerforschten Bereich des Gehirns einbrennt, der für die Speicherung kulinarischer Offenbarungen zuständig ist. Solche Erlebnisse sind es, wonach jeder Gastrosoph sucht: Mit unserer neuen Serie geben wir all jenen Gerichten eine Bühne, an die wir seit Monaten, manchmal gar seit Jahren immer wieder denken müssen. Jene Geniestreiche großer Köche also, bei denen man schon nach dem ersten Bissen weiss, dass man es mit einem Geschmackserlebnis für die Ewigkeit zu tun hat. 

Götterspeise 80

SHOYU SOBA RAMEN VON YUKI ONISHI IM TSUTA

Ein Ticket für ein Nudelsuppen-Restaurant? Im Tokioter Tsuta werden ab 8 Uhr morgens Eintrittskarten für eine Kaution von umgerechnet 8€ für das kleine Thekenrestaurant im Stadtteil Toshima ausgegeben. Allerdings bekommen geneigte Fresser nur ein Ticket pro wartender Person. Somit hieß es für uns alle: früh aufstehen!

Pro Tag serviert Küchenchef Yuki Onishi mit seinem Team ca. 70 Mahlzeiten und wenn die Produkte aus sind, macht auch das Restaurant zu. Hier hilft es, eine der Mittagskarten zu ergattern und nicht erst das letzte Seating um 16 Uhr. Wir hatten Glück und bekamen Plätze für 12 Uhr und waren sehr gespannt – sind die Ramen im einzigen besternten Suppenladen Japans einen solchen Aufwand wert?

Fotocredit: Mcalp

SHOYU SOBA RAMEN VON YUKI ONISHI IM TSUTA

Wir können uns nicht mehr an jede der unzähligen Ramen-Suppen erinnern, die wir auf unserer Japan-Reise vertilgten, doch die Shoyu Soba Ramen von Yuki Onishi bleiben unvergesslich. Die Mischung macht es hier: Onishi verwendet drei verschiedene, ausgesuchte Sojasaucen, eine davon stammt aus Shodoshima, einer kleinen Insel im Seto-See. Dazu gesellen sich Aromen von Muscheln und Hühnchen, die im Anschluss mit einem Klecks püriertem, schwarzen Trüffel ihre köstliche, salzig-süße Vollendung erleben. Perfekt sind auch die (selbstverständlich) hausgemachten Nudeln aus vier unterschiedlichen Sorten Mehl, die in Rotwein und Kräutern marinierten "Menma" (Bambussprossen) und der "Shashu", ein sanft geschmorter Schweinebauch. Nippon mit mediterranem Twist – das lange Anstehen hat sich definitiv gelohnt!

Tsuta
巣鴨1-14-1
Plateau-Saka 1F
Toshima, 東京都 〒170-0002
Tokio, Japan

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Götterspeise 79

"Alpine Jakobsmuschel" von Andreas Döllerer

Von der Präsentation erinnert uns dieses Gericht natürlich an die Jakobsmuschel aus dem Frantzén in Stockholm. Umso toller ist die Überraschung, als wir merken, dass wir hier gar keine Muschel vor uns haben, sondern ein Stück Ochsenmark! Dieses wurde gegart und geröstet. Durch diese Behandlung bekommt es ein ungemein volles Aroma, das einer Jakobsmuschel locker das Wasser reichen kann – nur hat die Muschel keinen so schönen Schmelz. Verstärkt wird der Wohlgeschmack durch den fermentierten Knoblauch im Fond, der aber nie dominant wirkt. Dazu nur etwas Spitzkraut, das nicht nur geschmacklich prima passt, sondern diese Kreation ganz lässig ins Regionale überführt. Eine jener seltenen Speisen, die wir am liebsten sofort noch ein-, zweimal nachordern würden. Grandios.

Den ausführlichen Bericht zu unserem letzen Besuch in Golling findet Ihr hier.

GÖTTERSPEISE 78

Mille-feuille von roh marinierter Gänseleber, Jakobsmuschel und Sellerie von Klaus Erfort

Durch eine Scheibe gerösteten Knollensellerie arbeiten wir uns im Gästehaus Erfort in Saarbrücken von oben nach unten durch diese leicht kühle Schichtung. Im Mund passieren dann gleich mehrere geniale Dinge. Zum einen bekommen wir es mit verschiedenen Konsistenzen zu tun: von knackig (Nüsse, Kräuter), über cremig (Leber) zu fleischig (Muschel). Der Geschmack reicht zudem von erdig (Sellerie), nussig und leberig hin zu kräutrig und wird dabei von einer merklichen Säure erfrischend belüftet und unterstützt. Jede Zutat ist wahrnehmbar, trotzdem greift alles nahtlos und grandios ineinander. Ob dies nun ein herber Lebergang oder eine originelle Jakobsmuschel-Zubereitung sein will, spielt beim brillanten Gesamtpaket keine Rolle – auf jeden Fall eine von oben bis unten stimmige Zusammenstellung, die dauerhaft in Erinnerung bleibt. Wahrhaft unvergesslich und immer eine Reise ins Saarland wert.

Den kompletten Bericht zu unserem Besuch bei Klaus Erfort findet Ihr hier.

Götterspeise 77

Lamm Hoch 4 mit Selleriepüree, Estragon und Aprikose von Cornelius Speinle

Dieser Hauptgang im Drei 10 Sinne im Schweizerischen Schlattingen sorgt bereits bei der Annoncierung für ein breites Grinsen auf unseren Gesichtern. Wir lieben Lamm – und hoch 4 lieben wir es noch viel mehr! Neben dem Rücken serviert die Küche nämlich noch drei weitere Stücke des Alpenlamms aus dem Wallis: Zunge, Bries und Bauch. Der Rücken und das aufliegende Fett werden separat gegart und auf dem Teller wieder zusammengebracht. Das Ergebnis ist eine perfekte Temperatur und Textur beider Teile. Klasse. Die butterzarte Zunge harmoniert prächtig mit dem schlotzigen Selleriepürée und dem Estragongel, auf die sie gebettet ist. Ein Hochgenuss. Das Bries gibt es frittiert. Heiß, knusprig, von toller Intensität, wunderbar kross und ohne den geringsten Frittiergeschmack. Dazu etwas geräucherte Eigelbmarmelade mit eingelegter Zwiebel. Himmlisch. Zu guter Letzt gibt es ein (vielleicht etwas arg kleines) Stückchen Lammbauch. So zart und knusprig, dass es eine wahre Freude ist. Dazu noch etwas Marmelade und Stückchen von eingelegter Zwiebel mit karamellisertem Zwiebelwasser. Geht das überhaupt noch besser?
Es geht, denn kongenial zusammengebracht werden alle Lammstücke von einem an Perfektion grenzenden Lammjus sowie etwas frisch-fruchtigem Aprikosenkompott. Hier wird ein hervorragendes Produkt abwechslungsreich in Szene gesetzt. Das Handwerk ist tadellos, der Geschmack phänomenal – eine lupenreine Götterspeise.

Den kompletten Bericht zu unserem Besuch im Drei 10 Sinne findet Ihr hier.

Götterspeise 76

Misonudeln mit Meeresfrüchten, Algen, Buddhas Hand und Austern-Beurre-blanc von Jan Hartwig

Dieses Gericht könnte man als japanisch angehauchte Luxusversion von "Pasta con Frutti di Mare" bezeichnen - und das ist als größtmögliches Kompliment zu verstehen, denn der Italo-Klassiker ist nicht umsonst so berühmt und populär. Die Darreichung bei Hartwig als eine Art Nudeleintopf von guter, nämlich heißer (!) Temperatur verleiht dem Ganzen den Charakter eines wunderbaren Wohlfühlgerichts. Am Gaumen haben wir das mundfüllende Zusammenspiel aus dickem Nudelteig, knackigen Meeresfrüchten und auflockernder Säure von Buddhas Hand. Da ist es uns vor lauter Wonne völlig schnuppe, ob wir uns eher an einen Strand bei Catania oder an die Küste Japans versetzt fühlen (die Gischt klingt überall gleich). Die sensationelle Beurre blanc hat sowieso eher etwas von Frankreich, und nicht zuletzt ist sie dafür verantwortlich, dass wir dieses Gericht endlos weiter löffeln könnten – eine Götterspeise, nicht weniger.

Unseren ausführlichen Atelier-Bericht findet Ihr hier

Götterspeisen 71-75

...findet Ihr hier.

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