Tanks  3.Juli 2015

COOKTANK NO. 9 – DIE GERICHTE aus dem Schwarzwald

Für die neunte Auflage unseres CookTanks ging es in die legendäre Schwarzwaldstube in Baiersbronn, wo im Februar Kochkunst auf Kritik und Wissenschaft traf. Unter der Schirmherrschaft von Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt versammelten wir acht der spannendsten Nachwuchstalente der Küchenelite aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz. Prof. Thomas Vilgis vom Max Planck-Institut, der die Koch- und Denkfabrik seit der den ersten Stunde begleitet, sorgte für die wissenschaftliche Unterfütterung des Ideen- und Gedankenaustausches zu Fragen der Kulinarik.

Als großes Oberthema des Tages stand "Nose to Tail" auf der Agenda, wobei die möglichst vollständige Verarbeitung eines Tieres von Kopf bis Pfote bzw. Flosse angestrebt wird.

GERICHT VON Harald Irka

Auf den ersten Blick wirkt das Gericht des jüngsten Teilnehmers etwas unscheinbar, hat es dann auf den ersten Biss aber in sich. Konsequent radikal, puristisch und geschmacklich vielschichtig vereint der aufstrebende Koch aus der Saziani Stub'n Leber, Herz, Milz, Zunge und die Speiseröhre vom Wildschwein in einer Art Wurst. Inspirieren ließ sich Harald Irka dabei von der südamerikanischen Küche und lehnt sein Gericht an eine Feijoada – einen südamerikanischen Bohneneintopf, in den nicht so beliebte Stücke von Schwein und Rind wandern – an. Neben den faschierten Innereien bringt er das typische Produkt aus Straden in der Südoststeiermark – die Feuerbohne – in dem Gericht unter. Die herben, animalischen Noten werden verstärkt von Blutchips, die an manchen Stellen etwas zu verbrannt gerieten, und schwarzem Rettich, der mit geräuchertem Hirn gefüllt ist. Die Säure der Orange löst die Spannung zwischendrin wohltuend auf. Ein austro-südamerikanisches Meisterwerk, das auf den ersten Blick die Innereien versteckt, aber  geschmacklich keinen Kompromiss eingeht. Passend dazu reicht Harald Irka ein Bier aus gekeimten Käferbohnen.

GERICHT VON Benjamin Maerz

Dass die Beschäftigung mit dem CookTank-Thema auch im Vorfeld schon zu neuen Erkenntnissen führen kann, konnte Benjamin Maerz aus der Rose in Bietigheim feststellen. Auf dem Markt entdeckte er Yambohnen und wollte aus der Pflanze mehr zaubern. Dann fand er aber heraus, dass wegen der Giftigkeit der anderen Pflanzenteile hauptsächlich die Wurzelknolle genutzt wird. So entschloss er sich, die fraglichen Teile einfach durch andere Produkte nachzubauen. Aus der essbaren Wurzelknolle hat Maerz Stücke ausgestochen und mit Ahorn und Kirschblüte aromatisiert. Den Stücken fügt er karamellisierte Schokolade hinzu – so weit, so süß. In den Bereich von Crossover-Dessert gerät der Abschluss des CookTanks endgültig, weil der Schwabe süß-sauer eingelegte Senfkörner und ein Püree mit Bacon sowie Szechuanpfeffer hinzufügt. Das Ergebnis ist erfrischend und ungewöhnlich aromatisch. Hier entspricht es unserer Vorstellung eines animierenden Pre-Desserts, doch mit leichten Akzentverschiebungen im Bereich der Süße ließe sich diese Innovation auch in einen interessanten Menüauftakt verwandeln.

Gericht von Moritz Crone-Rawe

Von einem befreundeten Jäger hat uns der Wildcard-Gewinner Moritz Hirsch mitgebracht, den er in seinem Gericht 7x Hirsch mit Apfel, Topinambur, Pilzen und Fichte vielfältig präsentiert. Unser Respekt gebührt ihm nicht nur wegen des Aufwands, den er betreibt, sondern weil er es schafft, gepökelte und geräucherte Zunge, gebackene Niere, Herz-Tatar, Hirschrücken, Lebermousse und in bester Schinken-Manier gebeizte Keule zu einem stimmigen und präzisen Gericht zusammenzuführen. Das verbindende Element dabei ist Topinambur eines lokalen Bauern, der er im Sinne von "Root-to-flower" noch mehrere Zubereitungen abgewinnt. Einer drohenden Eindimensionalität aufgrund des sehr fleischigen Charakters setzt Moritz vom Hamburger "Rolling Taste" die Säure der Äpfel aus dem Alten Land, diverse Kräuter und einen ungewöhnlichen "Jägermeister"-Shot entgegen.

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